YouTube will strengere Werte vorgeben, was für Kinder gut sei - aber auch welche Inhalte insgesamt monetarisiert werden oder nicht.
Nichts gegen strengere Richtlinien, aber wer schützt uns vor der Amerikanisierung der Werte?
Grundlegend dürfte der zitierte Blogpost nur für circa 1-3% der YouTuber relevant sein, da es dabei eigentlich "nur" um sogenannten Kids-Content geht. Das sind also Inhalte, die nur und ausschließlich für Kids gedacht sind, also für Zuschauer <13 Jahren, Stichwort dazu unteranderem COPPA. Die anderen 97-99% der Creator sind von diesem speziellen Text nicht betroffen. Für sie hat diese Initiative keine Auswirkung, weder auf die Inhalte und deren Duldung, noch auf die Monetarisierbarkeit.
Es gibt zwar auch im Content für Erwachsene striktere Guidelines, was zum Beispiel Inhalte zu Fake News und "alternative Fakten" angeht, aber auch davon sollten 99% der Creator niemals betroffen sein. Es sei denn, es kommt zu "false positives", also Fehlern in der Erkennung dieser problematischen Rand-Inhalte oder es geht ihnen halt gezielt um diese Rand-Bereiche.
Sollte man nun jemand sein, der vorhat im Erwachsenen Bereich diese Rand-Inhalte zu veröffentlichen, so ist in vielen Fällen nur die Monetarisierbarkeit durch Werbung betroffen. Man darf diese Inhalte also grundlegend weiter veröffentlichen, bekommt nur keine Aufnahme ins YPP. Erst wenn man auch im Randbereich nochmals zum ganz radikalen Rand gehört (oder wieder durch Falsch-Erkennung unrichtigerweise betroffen ist), gerät man in die Zone der kompletten Löschungen.
Und beim Kids-Content sind diese Rand-Bereiche auch massiv ausgefüllt durch mehr oder weniger massenproduzierte "Lern"-Inhalte, wo zum 3549. Mal den Kindern die 4 wichtigsten Farben und die Zahlen von 1-10 "beigebracht" werden, vor allem mit dem Gedanken im Hinterkopf damit von den Kleinkindern möglichst schnell Views und Clicks zusammenzubekommen, um den Kanal später für irgendwelche anderen Dinge zu gebrauchen oder sogar direkt durch diesen Low-Quality Content Werbungs-Geld zu verdienen. Oder direkt den Kids mit Marken- und Produktplacements Kaufwünsche zu injizieren, um dann damit Geld zu verdienen.
Und auch beim Kids-Content gibt es dann noch einen extra-radikalen Rand-Inhalt, der in den Bereich der Pädophilie abdriftet, also klar als kriminelle Inhalte eingestuft werden könnte, diese Kinderschutzgesetze sind weltweit nicht unähnlich zu den US-Bestimmungen.
Zusammengefasst gesagt, für die breite Masse ist die stärkere Kontrolle, ob es sich bei ihrem Kanal um derartige Rand-Inhalte handelt, nicht zutreffend und damit eher kein großes Thema. Eventuell betroffene sollten vielleicht noch mal über Ihr Kanalkonzept nachdenken oder sich bewusstmachen, dass YouTube eine gewinnorientierte Firma ist, und daher anderen Regeln unterworfen ist, als man von einem Staat erwarten würde (Stichwort Meinungsfreiheit). Viele der Regeln werden hier indirekt von den großen Werbefirmen vorgegeben, die ihrerseits wiederum ihren Kunden gegenüber Verpflichtungen haben, dass die Marken und Produkte, die am Ende die Rechnung bezahlen, nicht neben zweifelhaften Inhalten auftauchen möchten (Stichwort und Beispiel aus der letzten großen Adpocalypse: Cola-Werbung auf ISIS Videos)
Hier gibt es zwar Gerichtsurteile, die in eine andere Richtung weisen, da manche Richter YouTube als zu marktbeherrschend ansehen, als dass sie wie eine Firma betrachtet werden sollten. Aber da das ganz stark in den Bereich Rechtskunde, Staatskunde, Zensurgesetze und andere sehr komplizierte Bereiche der Veröffentlichung von Inhalten reicht, muss ich da dann passen, was eine Einordnung angeht. Hier sind vermutlich in den nächsten Jahren, jedes Land für sich, die Gesetzgeber an der Reihe, diese Rahmenbedingungen genauer zu definieren und dann den großen Plattformen entsprechende Vorgaben zu machen. Aber unsere Diskussion in diesem kleinen Forum wird dabei wohl nicht ausschlaggebend sein. Und da YouTube in >190 Ländern operiert, sind die US-Regeln nur bedingt das Maß aller Dinge, hier gibt es viele weitere Gesetze zu beachten für die Firma. Aber als US-Firma, die YouTube nun einmal ist und wohl auch bleiben wird, sind sie zuallererst den US-Regularien unterworfen.
Und wohin kann man ausweichen, wenn der Kanalgelöscht wird weil YouTUbe der Meinung ist der Content passt nicht?
Es gibt zahlreiche andere Plattformen, wie zum Beispiel Odysee, Vimeo oder auch einfach die Möglichkeit, eine eigene Webseite aufzumachen und diese dann mit Text- und Video-Inhalten zu versehen und zu monetarisieren, das geht notfalls auch komplett ohne Alphabet/Google/YouTube.
Grundlegend sollte man, denke ich, immer schauen, dass man nicht allein von einer einzigen Plattform abhängig ist. Abgesehen von Bans und Löschungen sind Internet Plattformen stetig im Wandel und der Wegfall von riesigen Portalen wie z.B. MySpace, StudiVZ, Mixer, Google+, Netscape, Yahoo (weitestgehend), um nur ein paar Beispiele zu nennen, sollte jedem klarmachen, dass auch Riesen wie Facebook, Twitter, TikTok und YouTube durchaus irgendwann verschwinden könnten. Und ich kann nur jedem und jeder empfehlen, sich auf mehrere Beine zu stellen, was Content Creation betrifft.