Irgendwie fehlen mir hier ein paar Quellenangaben. Irgendwo gelesen, kann vieles bedeuten. Es gibt heute leider viele Quellen, wo Leute nicht schreiben, was sie denken, oder was sie irgendwo gelernt haben, sondern wovon sie sich am meisten versprechen, dass jemand im Endeffekt zu ihren Gunsten Geld ausgibt. Das kann viele verschiedene Formen annehmen. Ohne Quellenangaben kann man also wenig dazu sagen, ob das stimmt, was Du da gelesen hast. "Hab gelesen" ist da oft gleichwertig mit "hab ich gehört" oder "die Nichte des Bäckers meiner Nachbarin hat unter vorgehaltener Hand erzählt".
Ich persönlich habe auch noch nie in meinem Leben ein 3h-Shopify-Tutorial angeschaut, nicht mal gewusst, dass es sowas gibt. Es scheint hier also um etwas zu gehen, was ganz tief drin in irgendeiner Marketing-Bubble existieren mag, aber eventuell auch nur dort existiert und außerhalb dieser Bubble eventuell völlig irrelevant sein könnte oder auch genau andersherum. Daher lässt sich aus meiner Perspektive dazu nicht wirklich etwas Hilfreiches sagen. Wenn man nicht in dieser gleichen Bubble steckt, hat man vermutlich völlig andere Erfahrungen, andere Beobachtungen und auch andere Dinge gelesen.
Und dann sollte man dringend CPM und RPM unterscheiden. CPM steht für "Costs per Mille", also Kosten pro tausend Klicks, dies ist der Wert, der für Werbetreibende relevant ist. Es ist das, was sie für 1000 qualifizierte Anzeigen/Impressions eines einzelnen Werbe-Clips bezahlen müssen. RPM dagegen ist "Revenue per Mille", also Einnahmen pro tausend Views, dies ist für Creator interessant. Denn hier wird angegeben, was einzelne Videos pro tausend Views an Einnahmen bringen. Und diese Einnahmen setzen sich dabei oft aus mehreren Faktoren zusammen. Dazu gehören qualifizierte Impressions der Ads (meistens mehrere pro View, also addieren sich hier unterschiedliche CPMs), Views von Premium-Usern (Einnahmen errechnen sich hier aus ca. 12€x0,55, also Premium-Kosten nach Abzug von YTs Anteil von ca. 45%, geteilt durch alle Views im Monat, die der User generiert hat), Einnahmen aus Kanal-Mitgliedschaften und alle weiteren Einnahmen wie Super-Chat, Shop-Shelf, etc. (wieder jeweils minus YT Anteil). Und je nach Art des Channels sind eventuell die Werbe-Spots gar kein so großer Faktor, manche Channels generieren mehr als die Hälfte ihrer Einnahmen aus Mitgliedschaften oder Super-Chats in Livestreams und erreichen so RPMs, die weit über den CPMs der Ad-Spots auf ihren Videos liegen.
So kann die RPM für Creator völlig andere Werte ergeben, als irgendeine CPM einer werbetreibenden Firma, die diese für einzelne Ad-Spots bezahlt haben. Und ein wichtiger Faktor ist, Ad-Spots werden versteigert. Hier kommt es also nicht nur auf den Content und bestimmte Keywords an, und welche Zielgruppe angepeilt wurde und ob diese Zielgruppe zur Audience dieses Kanals gehört und wie diese mit dem Content interagieren, sondern auch vor allem darauf, wie viele andere Firmen gerade zur gleichen Zeit, im genau gleichen Markt-Seqment mit gleicher Zielgruppen-Peilung Werbung schalten wollen. Denn je mehr Werbetreibende zur gleichen Zeit, desto höher steigen die Gebote und die CPM für einen Ad-Spot.
Grob übern Daumen kann man sagen, die besten RPM lassen sich erzielen, wenn man mit seinem Content eine oder mehrere Zielgruppen anpeilt und auch wirklich erreicht, die bei Werbetreibenden sehr oft angesprochen werden sollen und wo hohe Umsätze erzielt werden. Und ein enormer Faktor ist auch, in welchem Land die Views stattfinden. Viele Ads mit hohen CPMs haben als Target nur US-Zuschauer, gefolgt von einigen EU-Staaten, Kanada und Australien, der Rest der Welt ist dann meistens eher "niedrig-Preis Gegend", wo die CPMs nur wenige Prozente der Werte erreichen verglichen mit den USA. Denn dort sind die meisten Gebote auf die Ad-Spots und die Werbetreibenden sind auch bereit sehr hoch dafür zu bieten und sich gegenseitig reichlich zu überbieten. Manche Content-Sorten und Zielgruppen bringen RPMs <1$ pro 1000 Views, während andere Content-Arten bei besonders guten Creatorn, einer Audience, die in den USA sitzt, und in Nischen mit reichen und kauffreudigen Zuschauern >100$ RPM liegen. Und die Länge und die Anzahl der Werbespots sind dabei nur ein paar von sehr vielen Faktoren, und bestimmt nicht die wichtigsten.
So eine berühmt, berüchtigte Branche ist z.B. Real Estate, sprich die Nische der Hauskäufer, das sind bekanntermaßen Menschen, die bereit sind Hunderttausende Dollar in nächster Zeit auszugeben, und die Makler-Branche zahlt echt riesige Summen dafür, um diese Zielgruppe mit Werbung zu erreichen. Aber natürlich muss man sehr tief in dieser Branche stecken, um Content machen zu können, der genau und zuverlässig Zuschauer aus dieser Gruppe anspricht und eventuell noch dazu bringt, dass sie Werbung nicht nur anschauen, sondern evtl. sogar anklicken. Versicherungen, Auto-Handel, Investment-Banking und einige Scam-Coin-Werde-Reich-in-5-Minuten-ohne-IQ-Anforderungs-Abzocke-Branchen sind auch oft hoch im Preis. Aber natürlich ist auch in diesen Branchen die Konkurrenz unter den Creators höher, wo es viele fette Schafe zu scheren gibt, tummeln sich auch viele Schafscherer.
Und wenn es mal wieder zu einem Crash auf dem Häusermarkt kommt, oder der Coin-Abzocke-Müll mal wieder >50% des Werts verliert, weil wieder eine der Betrüger-Banken, die damit "handeln", abkassiert hat und mit dem Geld irgendwo im Ausland ohne Auslieferungsabkommen verschwunden ist, dann ändert sich das alles auch extrem schnell. Wie der Aktienmarkt ist auch der Werbemarkt nicht immer 100%ig vorhersagbar.
Und da man als Creator am besten Content macht, der Evergreen ist, also auch in den nächsten Jahren noch funktionieren wird, sind diese Vorhersagen dann nochmal sehr viel ungenauer und schwieriger im Voraus zu treffen. Denn was nützt es, wenn man Content macht, der eine Woche lang hohe RPMs generiert, aber danach sofort einschläft und nie wieder angeschaut wird. Da ist es eventuell besser, niedrigere RPMs anzupeilen aber dafür für die nächsten 10 Jahre diese Einnahmen jeden Monat zu generieren, aus hunderten Videos, nicht nur immer aus dem einen aktuellsten, das aber nach ein paar Tagen zu Wegwerf-Müll wird. Solche Strategien sind komplex, und es gibt weitaus mehr als eine richtige, optimale Strategie.
tl;dr:
Die beste Targeting-Strategie für hohe RPMs taugt absolut gar nichts, wenn man keinen Content erstellt, der den Zuschauern gefällt und auch angeschaut wird. Und am wichtigsten ist, wer dann zuschaut und wie oft das passiert. Ein View eines US-Hauskäufers auf einem 2 Minuten Video mit einer Ad ist halt am Werbemarkt eventuell mehr wert, als zehntausend Views von Teenagern ohne Einkommen aus Bangladesh auf einem 3h Video mit 20 Ads (sorry liebe Leute aus Bangladesh, ich mag Euch trotzdem
). Aber wenn das 2. Video Millionen Views erzeugt, und über Jahre hinweg läuft, und man hat hunderte Videos davon, verdient man eventuell trotzdem ein xfaches als vom einen Video für den Hauskäufer, das nach einer Woche eingeschlafen ist.