Aus gegebenen Anlass möchte ich euch einmal zeigen worauf es beim Videoschnitt ankommt und wie man ein gutes Video bzw. Film produziert.
Ich werde euch meinen Workflow und meine Vorgehensweise beim Videoschnitt erklären und unabhängig des jeweiligen Schnittprogramms allgemeingültige Tipps geben.
Mir ist bewusst, dass jeder anders arbeitet und Video nicht gleich Video ist. Ein Let's Play wird immer anders sein als ein Urlaubsfilm. Die Schnitte sind anders, die Stimmung ist anders.
1. FILMAUFBAU
Was aber grundsätzlich immer und in jedem guten Film, Video, Buch, etc. gleich bleibt ist das Konzept:
Exposition - Höhepunkt - Peripetie
1. Euer Video braucht eine Einleitung bzw. Einstieg. Hier werden Eure Figuren vorgestellt, Handlungsorte und worum es eigentlich so geht.
Das lässt sich auf jegliche Art von Video übertragen.
Beim Urlaubsfilm möchte man ja nicht direkt den Strand zeigen. Genau wie beim Let's Play; Man fängt vorne an.
2. Der Höhepunkt stellt eben den höchsten Punkt im Spannungsbogen dar. Es ist egal wo er ist, wichtig ist nur das euer Video einen Spannungsbogen hat. Gerade bei Youtubevideos will man ja, dass der Zuschauer dran bleibt.
Also verschießt nicht euer Pulver schon in den ersten 2 Minuten.
3. Der Wendepunkt folgt nach dem Höhepunkt. Dies ist aber nur der Wendepunkt vom Spannungsbogen. Natürlich gibt es Plot Twists welche im Film am Ende kommen.
Im Film auch Plot Point genannt leitet der Wendepunkt den nächsten Akt ein und gibt dem Zuschauer ein gewisses "Aha" Erlebnis.
Manche denken jetzt vielleicht: "Spannungsbogen? In einem Beauty-Video?"
Ja, schaut auch mal Videos an und achtet darauf. Es gibt bei guten Videos immer eine Einleitung. Meist wird hier auch gleich "geteasert" mit dem spannendsten Teil des Videos.
Ausnahmen gibt es natürlich auch immer wieder mal. Ob jetzt Dashcam-Videos, Relax-Videos oder Let's Plays. Da bleibt die "Spannung" gleich oder ändert sich nicht großartig. Das ist aber Content bzw. Zielgruppenabhängig.
So...
Um nun eine der wichtigsten Fragen vorwegzunehmen möchte ich auf ein Video von mir verweisen:
Frage: Welche Schnittsoftware brauche ich?
Antwort: Das ist erstmal völlig egal!!
Denn wie man zu Beginn sehen kann ist die Struktur eines Videos oder Films unabhängig von der Software. WIE ihr eure Geschichte erzählt hat nichts mit dem Schnittprogramm zu tun.
Stellt euch vor ihr wollt einen Roman schreiben. Ist es wichtig womit ihr den schreibt?
Wären die Harry Potter Romane auch so erfolgreich gewesen wenn die Autorin statt auf Papier zu schreiben MS Word benutzt hätte? Mit Sicherheit!
Es braucht auch keine Effekte oder LUTs. LUTs? (Look up Tables)
Ja, das sind Vorlagen oder Templates für stilistische Mittel im Film. Wie Farben, Kontraste, etc. Man macht also nichts mehr selber sondern legt einfach so einen Filter auf seine Clips und alles sieht toll aus.
Braucht man nicht! Darauf komme ich zwar später noch zu sprechen aber eins vorweg: Wenn man weiß welcher Regler was bewirkt und wie ich die Kontraste ändere oder warum man Color Grading einsetzt dann verstehe und lerne ich das Handwerk vom Videoschnitt viel besser als wenn ich nur Vorlagen nutze.
Behauptet ihr von euch, dass ihr Mathe versteht nur weil ihr einen Taschenrechner bedienen könnt?
Ein Kommentar zu meinem Video möchte ich euch hier mal zeigen:
Mein Meinung: entscheide Dich für EIN Programm. Dann setzt Du Dich automatisch mehr mit dem Programm auseinander.
Fehlt eine Funktion , schaue nach einem Umweg um mit Deinem Programm ans Ziel zu kommen.
So beherrscht Du Dein Programm mit der Zeit immer besser und kommst schneller ans Ziel.
Bei der ersten Autofahrt mussten wir auch über jeden Handgriff nachdenken.
Später fährt es sich quasi automatisch. Hast Du Dein Schnittprogramm ( Werkzeug) im Griff,
kannst Du Dich besser auf das Wesentliche konzentrieren.
Dem ist nichts hinzuzufügen!
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2. Schnitte
Welche Schnitte gibt es und wie setzt man sie am besten ein?
Zu erst einmal sei gesagt: Es gibt zig Schnitte und Übergänge. Manche Programme sind voll mit Bibliotheken die nur Blenden oder 3D Effekte beinhalten.
Braucht man nicht!!
Wie oft haben wir früher zu VHS Zeiten die aller tollsten Übergänge eingesetzt
Harter Schnitt
2 Szenen folgen direkt aufeinander. Erfolgen diese Schnitte schnell und oft so gleicht es einem Actionfilm. Harte Schnitte sollten nicht dafür genutzt werden um unterschiedliche Szenen zu zeigen oder den Ort zu wechseln.
Beispiel für einen harten Schnitt: Interviews (Mal sieht man die eine Person, dann die Andere)
Weicher Schnitt
Meist eine Überblendung in die andere Szene oder Überblendung zur Farbe Weiß oder Schwarz. Wird genutzt um zum Beispiel den Handlungsort oder Szene zu wechseln. Meist auch in der Romantik genutzt. Lange Schnittfolgen mit Überblendungen verlangsamen die Handlung oder führen eben zu einer neuen Szene.
L-Schnitt
Video und Audio sehen aus wie ein "L". Das bedeutet, man sieht bereits den nächsten Videoclip während das Audio vom ersten Videoclip weiterläuft. Oft benutzt in Interviews wenn man die Reaktion des Gegenüber sehen will während der andere noch spricht.
J-Schnitt
Hier hört man das Audio vom nächsten Clip bevor man das Video sieht. Meist zum Einführen einer neuen Handlung. Beispiel: Man hört plötzlich Geigen, während man noch die Oper von draußen sieht. Dann folgt der nächste Clip und man ist in der Oper drin und sieht die Geigen.
Das wären auch schon die ersten, wichtigsten Schnitte die man braucht. Mehr muss erstmal nicht sein!
3. Arrangement
Ich baue meinen Videoschnitt immer nach folgendem Muster auf:
Eine Spur beinhaltet die Videoclips der jeweiligen Szene. Darunter befindet sich der dazugehörige Originalsound.
Eine 3. Spur umfasst die Hintergrundmusik.
Und Soundeffekte setze ich wieder in eine weitere Spur.
So schneide ich die Szene wie ich sie brauche, füge Musik hinzu und setze Schnitte.
Bei Bild-in-Bild Szenen, Doppelgängervideos, oder sonstige Szenen in denen sich mehrere Videos überlappen, wird natürlich eine neue Spur hinzugefügt für eben dieses Videomaterial.
Bin ich mit der Szene fertig dann wird das komplette Arrangement, also Videospur, Audio, Soundeffekte, etc. gruppiert.
Jetzt kann ich diese Szene komplett auf der Timeline verschieben ohne das ich die zu den Clips passenden Audios zerstöre.
Alles bleibt wo es soll und ich kann mit der nächsten Szene weitermachen.
Zum Schluss
Ich hoffe, ich konnte euch die Vorgehensweise beim Videoschnitt etwas näher bringen.
Das Wichtigste dabei ist nicht das Programm sondern wie ihr euere Geschichte erzählt!
Filmemachen ist eine Kunst. Man muss seinen Film nicht so gestalten wie es zig Tutorials vorschlagen. Klar, Basics sind wichtig und an manche Sachen sollte man sich schon halten aber dennoch bleibt alles eine Frage des Stils und der Wirkung.