Wenn man gerne auf dem PC zockt und sich als Teilzeit-Enthusiast alle drei Jahre den Rechner mit neuer Hardware vollknallt, merkt man am Ende des Lebenszyklus dieser Hardware, dass sich zocken und gleichzeitiges Aufnehmen nur schwer vereinen lassen. Sicher, man kann die Details runterschrauben oder sogar die Auflösung verringern. Ich bezeichne mich selbst zwar nicht als Grafikhure, aber Full-HD und mindestens mittlere bis hohe Grafikdetails sollten bei aktuellen Spielen schon drin sein! Trotz Aufnahme. Das wird spätestens dann schwierig, wenn man beispielsweise Witcher 3 in 60 fps aufnehmen möchte. Sicher gehört dieser Titel zu den besser programmierten Spielen (Das man den ersten Teil nicht dazu zählen kann, lässt sich auch gut an meinem Let’s Play dazu erkennen), aber auch hier lässt ein i7 2600k einfaches Spielen und Aufnehmen nicht mehr so einfach zu.
Was also tun? Eine Capture Card muss her! Überall hoch gelobt ermöglicht diese gleichzeitiges Aufnehmen bei voller Performance fürs Spiel! Der Markt ist übersichtlich und doch gibt es Unterschiede. Wer den Unterschied zwischen 1080p60 und 720p30 nicht kennt, hat vielleicht auch schon mal das falsche Gerät gekauft.
Ich als Teilzeit-Enthusiast gebe mich natürlich nicht mit USB-Geschichten zufrieden. Ich will ne richtige Karte. Etwas für in den PC! Schon schrumpft die Auswahl. 1080p60 schaffen die wenigsten und bezahlbare Karten gibt es nicht gerade im Übermaß. Schnell ein paar Tests gelesen, Erfahrungen eingeholt, Google gequält. Zufälligerweise hatte ich am Liefertag Urlaub. Kurz kam mir der Gedanke, auch so ein fancy Selfie mit der Verpackung der Karte zu machen und über Twitter an Elgato zu schicken. Da ich aber auf Fotos zum Grimassen ziehen neige, verschob ich diesen Gedanken bis auf weiteres. Die Elgato war nun da und es gab zunächst nichts Wichtigeres auf der Welt, als das Ding endlich einzubauen. Also hockte ich kurz darauf im Schneidersitz vor meinem PC, den Amazon-Karton zerrissen in der Ecke liegen lassend, und steckte die Karte in einen freien PCI-Express Slot. Da in den Steckplätzen stets reges Treiben herrschte und neben WLAN-Karte, Grafikkarte, Soundkarte und Lüftersteuerung kaum noch Platz vorhanden schien, war ich umso dankbarer, dass das Teil kleiner war, als zunächst gedacht (that’s what she did NOT say!) und so konnte ich nach einigen Umbauarbeiten einen großen Slot freischaufeln, der ursprünglich für eine weitere Grafikkarte gedacht war. Also rein damit, festgeschraubt, HDMI-Kabel von Grafikkarte HDMI-OUT an HDMI-IN der Elgato und entsprechend konfiguriert.
Gefühlt war alles besser und ich wähnte mich im Aufnahmehimmel! Die Ernüchterung kam erst nach geschlagenen zwei Monaten. Da ich bis dahin überwiegend ältere Spiele aufnahm, schien alles problemlos zu funktionieren. Die Schlappe kam dann bei Overwatch. Ich begann mich weiter zu informieren und meldete mich sogar im Forum von OBS Project an, um mich zu erkundigen. Ende vom Lied war, dass eine Elgato im Rechner gar nix bringt, wenn man dort auch zockt! Ich ärgerte mich. Schlecht informiert war ich offensichtlich und das passiert normalerweise selten! „Sell it for 120 bucks.“ war die einzige Empfehlung im OBS Project Forum. An diesem Abend gab es Chili con Carne. Extrascharf.
Aufgeben kam nicht in Frage. Ich wühlte weiter in den Foren und sah mir die Produktseite von Elgato nochmals an. Dort wird beworben, sogar mit Video, dass man mit der HD60 Pro zocken und aufnehmen in einem PC vereinen kann – oder so ähnlich. Dass man sich das auch schenken kann, weil es sich von der Performance nix gibt, wird verschwiegen. Ich habe mich blenden lassen. Je mehr ich mich mit diesem Problem befasste, desto öfter las ich, dass die Karte nur in einem Dual-PC-Setup Sinn mache. Und bloß nicht mit OBS! Elgato verwährt jedem 3rd Party Programm Zugriff auf den Hardwareencoder. Geil. Genau aus diesem Grund kauft man sich doch diese Karte! Das war auch meine Absicht. Den internen Encoder verwenden, um das, was die CPU normalerweise macht, die Karte tun zu lassen. Fehlanzeige. Komplett geirrt. Also ab in den Keller!
Denn dort steht noch massig alte Hardware und ich kann euch gleich sagen: Vergesst nen Dual Core! Dort ruhte bis vor Kurzem ein E6750 mit Mainboard in einem Gehäuse, seines Netzteils beraubt und ohne Grafikkarte. In meiner alten Wohnung nutzte ich den Tower als Hocker oder Beistelltisch für die Couch. Dafür war er noch gut genug, als der i7 seinen Platz am hoheitlichen Schreibtisch einnahm.
Jetzt nicht mehr.
Habe die Couch entsorgt.
Das Teil also entstaubt, ein neues Netzteil gekauft, eine alte SSD eingebaut und ehrfürchtig auf den Power Button gedrückt, den ich schon viele Jahre nicht mehr betätigt hatte. Noch wollte ich die Elgato nicht umbauen, denn erstmal wollte der Systemcheck überstanden sein (und es fühlte sich zu seltsam an, ein neues Stück Hardware in einen 8 Jahre alten PC zu stecken!). Trotz Zweifel lief der Rechner ohne Mucken an und sogar die SSD wurde erkannt. Also Windows 7 draufgehauen und alles neu installiert. Ich bin außerdem dankbar dafür, dass man seit Gigabit-NICs kein Crossover-Kabel mehr braucht um einen direct link zwischen zwei Rechnern herzustellen! Manchmal kann es so einfach sein.
Fresh konfiguriert stand sie nun da, die olle „ricksrecs“ getaufte Krücke. Liebevoll gesellte sich nun die Elgato dazu. „Mindestens ein Core i5 benötigt“ steht auf der Elgato-Website als Mindestvoraussetzung. Klar, man will sich ja möglichst absichern, seh ich auch ein. Dennoch klappte es auch mit einem Dual Core von anno dazumal. Mehr oder weniger. 100% CPU-Last sollte man vermeiden, war aber bei ersten Tests an der Tagesordnung. Keine Chance. Schon gar nicht mit OBS! OBS ist geil, aber nix für alte Kisten und 1080p60! Also schnell auf ebay einen Core 2 Quad Q9550 für 50 Eier geschossen und dem Hermes-Boten entrissen (der lieferte Samstags). Da es ein schnieker E0/A war, konnte ich den auch wunderbar auf 3,4 GHz übertakten – Auslastung bei Elgato Game Capture 30%. Bei OBS 100% und massives ruckeln. Ich war traurig. Denn OBS war mein Programm der Wahl. War.
Aus irgendeinem Grund kam es dann zu Soundbugs in der Aufnahme bzw. dem umgewandelten mp4. Vermutlich lag es daran, dass es eben kein 2nd Generation i5 war, sondern nur ein 08er Core 2 Quad. Bild flüssig. Sound flüssig. Alle 10 Sekunden ein ganz kurzer Soundaussetzer. Wirklich nur minimal, aber schon so deutlich, dass es störte. CPU bei 30%, RAM bei 40%, Aufnahmen auf eine extra Festplatte. Der Rechner wurde so eingerichtet, dass er wirklich nur für Aufnahmen zuständig war. Da war sonst nix anderes installiert. Sogar auf einen Virenscanner hab ich verzichtet und ins Internet sollte er eh nicht. Murks. Hab mich richtig geärgert. Der aus der Steinzeit stammende Jagdinstinkt wurde bei mir schon vor langer Zeit in Nerdinstinkt umgewandelt und so habe ich zusätzlich locker zwei Tage dafür verheizt um das Problem zu beheben.
Die .TS-Datei, die Elgato bei der Aufnahme erstellt und anschließend in ein .mp4 umwandelt, sollte dieses Problem beheben. Tat es auch. Alles lief flüssig, alles synchron, keine Aussetzer. Und dann kam Adobe Premiere Pro. Die Sau verhielt sich nämlich, als wäre diese .TS-Datei ein Video mit VFR, also aufgenommen mit Variable Frame Rate; Schwankungen zwischen 55-60 FPS. Ungut. Während viele Videobearbeitungsprogramme damit inzwischen umgehen können, weigert sich Adobe bisher vehement dagegen, Premiere Pro damit umgehen zu lassen. Ergebnis ist ein schleichendes auseinanderdriften von Video und Ton, was kaum oder nur nervig fixbar ist. Entweder du nimmst in fester Framerate auf oder du hast halt Pech – wechseln geht ja schwer, bei einem Adobe Creative Cloud Jahresabo! Ich habe dann mal testweise mit Handbrake (geiles Tool) die .TS-Datei auf CFR gezwungen und siehe da.. die erzeugte mp4 war synchron! Also kann es nur an Adobe liegen. Grr. Schon wieder stinkig!
Nach drei Bier und diversen Tests war ich es dann Leid. Diese Inkompatibilität nervt einfach nur! Scheiss PC. Ich werde Konsolero! …. Warte, hab ich das eben wirklich geschrieben? Ne, Unsinn. Kann mir keiner beweisen!
Es hat dann doch funktioniert. Ich musste den Qualitäts-Schieber in der Elgato Software nach ganz links schieben. Also von „best“ über „better“ hin zu „good“. Danach waren die Soundaussetzer im von der Elgato Software erzeugten mp4 weg. Das war die Lösung. Lag die ganze Zeit vor mir und war so einfach zu erreichen. Wenn aber alles funktioniert und die Auslastung des Recording-PCs kaum vorhanden ist, denkt man nicht an die Qualitätsschraube, sondern an Bugs in der Software, Treiberprobleme, fehlende Updates oder (Gott bewahre) Probleme mit den Codecs.
Aber hat es sich gelohnt? Definitiv! Ich habe 100 Euro in den Aufnahme-PC gesteckt (plus Elgato) und schleife einfach das HDMI-Signal an diesen durch und er futtert alles ohne zu murren, während mein Gaming-PC die gesamten Ressourcen für die Zockerei verheizen kann! Geil! Zunächst nervenaufreibend, aber dann geil! Die Bildqualität ist zwar nicht „Best“ und das sieht man auch, wenn man sich darauf konzentriert – aber für Let’s Plays reicht es. Das nächste Upgrade gibt es dann, wenn’s nen neuen Rechner gibt! Ich hoffe, dann will man noch 1080p60 sehen!