Herzblut vs. Zeitaufwand

  • Seit vier Monaten bin ich in der Youtube-Welt so tief drin wie noch nie. Mich interessieren auch vor allem die Mechanismen woher die Klicks kommen (z. B. Einsatz von sozialen Netzwerken), wie kleine Youtuber ganz groß werden und halt einfach alles was sich im Hintergrund abspielt, bevor sich jemand entschließt überhaupt mit einem Video zu beschäftigen.


    Ich weiß nicht wie man jetzt eine (grandiose) Diskussion entfachen kann, aber eine Sache fällt mir in letzter Zeit vermehrt auf und ist doch irgendwie nicht zielführend (sei es hier im Forum, in den Youtube-Kommentaren oder auf Twitter und Co.) :


    "Ich habe mir viel Mühe mit dem Video gegeben [...] guckt doch deshalb bitte mal rein".


    Ich möchte hier niemanden auf den Schlips treten, vielleicht habe ich die Aussage auch mal unwissend getroffen, aber das ist doch nicht mehr als Jammern nach Klicks (das machen wir ja alle irgendwie) aufgewertet mit einer illusorischen Schleife. Wenn ich als Zuschauer letztendlich auf einem Video gelandet bin, dann ist mir doch völlig egal wie groß der Zeitaufwand ist oder belohnt man heutzutage jemanden der Mist fabriziert, aber 30 Stunden Aufwand reinsteckt? Mir kommt es manchmal echt so vor :thumbdown:

  • Letztendlich muss mich ein Thema auch irgendwie interessieren, sonst guck ich mir das Video auch nicht an, und wenn derjenige da 2 Jahre dran gearbeitet hat oder so...



    Man sieht oft (bzw meist) auch ob derjenige viel Arbeit in seine Videos steckt oder nicht.


    Ich nehm mal ein paar Beispiele aus dem Animationsbereich.
    Ne Freundin die ich durch YouTube und deviantart kennengelernt hab, die macht ihre eigene Animationsserie, und sie steckt wirklich viel viel Arbeit, Zeit und Liebe da rein. Sie kriegt auch jeden Tag zig Kommentare von wegen wann denn die nächste Episode kommen würde, ob sie überhaupt schon damit gestartet hätte, ob sie die Serie schon gecancelt hätte weil noch nix weiter davon kommt etc. Naja, den Leuten gefällt die Serie und die Animation, und sie wollen halt mehr sehen, ganz klar. Ich finde das was sie auch macht kann sich wirklich sehen lassen, vor allem hat sie wirklich viel daran gearbeitet und sich wirklich verbessert über die Zeit.


    Und dann sieht man welche, die denn auch unbedingt ihre Animationsserie machen wollen, aber dann mit ihren 2-Frame-Animationen ankommen (was vor allem bei Lauf-Animationen gar nicht geht...), wirklich sich kaum Mühe geben (ja, ich hab von vielen die das machen deutlich Besseres gesehen), und sich denn wundern, wenn keiner wirklich ihre Serie guckt.


    So ne Serie ist halt mal nicht ebend so, da braucht man auch ne vernünftige Story, vernünftige Animationen - vor allem auch weiche (smoothe) Animationen - und auch die Zeit. Deswegen hören auch viele denn nach 1-2 Episoden denn auf, weil keine Zeit oder keine vernünftige Story... und/oder nach kurzer Zeit nicht den Fame der eig erwünscht war in der Zeit.

  • Kommt drauf an, wenn ich sehe, dass der Typ Videotechnisch echt was draufhat und einen superguten Schnitt mit Effekten und allem hat, dann finde ich, man kann den Aufwand ruhig erwähnen. Vor allem, weil bei diesen Leuten auch der Inhalt des Videos meistens gut ist (oder zumindest gut geplant und überlegt), weil es ihnen insgesamt wichtig ist.


    Wenn ich aber ein Vollnoob bin und für einen Let's Play-Schnitt mit Windows Movie Maker 5 Stunden brauche, dann wäre mir das eher peinlich.


    Ich finde, vor allem der Inhalt muss stimmen. Allerdings kann auch der lustigste Mensch langweilige Videos fabrizieren, wenn er sich einfach keine Mühe gibt. Und wenn zu viel Rauschen o.ä. im Video ist, dann nervt es auch irgendwann enorm.


    Aber wenn ich schon auf FB, Twitter und Co. schreibe, dass ich ein Video gemacht habe, dann will ich Klicks, egal was ich da rein schreibe. Ob ich jetzt schreibe, dass es viel Arbeit war oder dass das Video ja ach so lustig ist, macht da keinen großen Unterschied ;)


    Ergo: Mal erwähnen, dass ein Video viel Arbeit war, ist ok. Sieht man aber eh, wenn man das Video anschaut. Aber man schreibt sowas ja, um Zuschauer überhaupt erstmal dazu zu bringen, das Video anzuklicken.


    Leider ist es vielen Zuschauern eben nicht klar, wie viel Arbeit in Videos steckt. Schon allein jeden Tag ein LP hochzuladen ist echt teilweise anstrengend, die lade ich ja auch nicht asynchron und ungeschnitten hoch.
    Und zum Beispiel dann noch zusätzlich MinuTEN (was zwar kurz, dafür aber sorgfältig gescriptet, aufgenommen in mehreren Videos und Einzelbildern, einzelne Elemente bearbeitet und zusammengeschnitten ist) zu machen, schafft man einfach nicht allzu oft.
    Und wenn ich dann die Leute sehe, die dauernd fragen (bei mir Gott sei Dank nicht so oft, mein Channel ist zu klein), wann denn endlich das kommt oder ob man einfach keinen Bock mehr hat, dann denkt man sich auch nur so: "Tja, Bock hätte ich zwar, aber soll ich mein Hauptformat jetzt einfach mal eine Woche absetzen, damit ich das Video schneller fertig bekomme?!"

  • Interessante Fragestellung die man denke ich recht schnell erklärt hat. Sofern eine Erklärung gesucht war :)
    Mir gefällt dein Ansatz, sich mehr in die Thematik hineinzuflashen. Ist auch ein Punkt, mit dem ich mich mittlerweile gerne Beschäftige und auch ich versuche die Dinge zu verstehen und zu rekonstruieren.


    Meines Erachtens nach geht es dem "Werbetreibenden" (nennen wir ihn mal so) für sein Video in erster Linie um die Reichweite, sprich diese zu erhöhen durch den Versuch Aufmerksamkeit zu erzeugen. Das kommt nun mit dieser Methode momentan offensichtlich öfters vor, wird sich aber wieder ändern. Habe ich doch diverse Werbetechniken über die Zeit hineweg beobachten können.


    Reichweite ist also der eine Punkt, ein weiterer eventuell psychologischer Aspekt ist die "Anerkennung". Wenn man etwas besonderes, wunderbares, tolles geschaffen hat, will man es wohl auch den Mitmenschen mitgeben und sich dazu ein Feedback einholen. Dafür, dass man hart für etwas gearbeitet hat, auch Lob und Anerkennung bekommen. Ist doch in einem Betrieb nichts anderes, ein Mitarbeiter ist motivierter wenn er auch ordentlich Anerkennung bekommt (korrekte Mitarbeiterführung).
    Die Leute die danach fragen und suchen, sind vielleicht schon am Scheideweg, sie wissen es eventuell noch nicht aber durch das Nachfragen wird es relativ deutlich. Wenn sie dann an solch einem Punkt angelangt sind, geben viele nach weiteren "Misserfolgen" (bzw. ausbleibenden "Erfolgen") schnell wieder auf. Hilft der "Schrei nach Liebe" also nichts, verlieren unsere Werbetreibenden die Motivation und resignieren.


    Für mich stellen solche Aufforderungen ein Video zu klicken also in erster Linie eine Verzweiflungstat dar, das wirkt dadurch mitunter unprofessionell und mein Unterbewusstsein filtert es dadurch schon heraus. Vielleicht bin ich auch die falsche Zielgruppe für solche Aufrufe, doch bei mir wirken sie dadurch kaum.


    Im Grunde wollen wir alle das Selbe, zumindest ein Großteil von uns möchte irgendwie Bekanntheit (und damit Erfolg) erlangen um wer weiß was zu tun. Einige von uns betreiben das Ganze wohl wirklich als Hobby und das ist auch völlig legitim, senkt es auch den "Erwartungsdruck" den man sich selbst auferlegt. Solange ich etwas als Hobby betreibe ist es auch genau das, sobald ich es versuche kommerziell zu betreiben kann das schnell ein Schuss in den Ofen bedeuten. Es ist nunmal nicht alles Gold was da glänzt. Da wird wohl jeder selbst und auf seine Art und Weise durch müssen.


    Wenn man es genau betrachtet ist auch das Kommentieren eine Art von (Eigen-)Werbung, allerdings eine womöglich angenehmere Form und sie schreit weniger nach Aufmerksamkeit und Anerkennung ;)

    Es lassen Schein und Sein sich niemals einen,
    nur Sein allein besteht durch sich allein.
    Wer etwas ist, bemüht sich nicht zu scheinen.
    Wer scheinen will, wird niemals etwas sein.
    Friedrich Rückert


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