B2TR - Warum ist Tolles soviel seltener?

Das angeführte Weihnachts-Special ist von 2001 (steht ja im Titel). Laut Wikipedia betrieb Giga zu jener Zeit ein Programmfenster bei NBC-Europe. Eine zumindest doch wohl semiprofessionelle Firma, Gruppe, was weiß ich, soll kein besseres Equipment (und Budget) gehabt haben als der durchschnittliche Youtuber von heute?

Selbst wenn es sich bei der Gamestar-Redaktion vielleicht eher um eine Gruppe von Amateuren gehandelt haben wird (was die Filmproduktion angeht), werden die als Journalisten zumindest was das Storytelling angeht schon einiges auf der Pfanne gehabt haben.

Tut mir leid, ich denke, da werden Äpfel mit Birnen verglichen. Aber Hauptsache, mal wieder eine Sau durchs Dorf (Forum) gejagt.

Steve, danke für dieses Thema, du sprichst mir sehr aus der Seele.

Zitat von prolysarik

Das angeführte Weihnachts-Special ist von 2001 (steht ja im Titel). Laut Wikipedia betrieb Giga zu jener Zeit ein Programmfenster bei NBC-Europe. Eine zumindest doch wohl semiprofessionelle Firma, Gruppe, was weiß ich, soll kein besseres Equipment (und Budget) gehabt haben als der durchschnittliche Youtuber von heute?

Selbst wenn es sich bei der Gamestar-Redaktion vielleicht eher um eine Gruppe von Amateuren gehandelt haben wird (was die Filmproduktion angeht), werden die als Journalisten zumindest was das Storytelling angeht schon einiges auf der Pfanne gehabt haben.

Tut mir leid, ich denke, da werden Äpfel mit Birnen verglichen. Aber Hauptsache, mal wieder eine Sau durchs Dorf (Forum) gejagt.

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Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es nicht nur das Budget war. Auch die "professionelle" journalistische Ausbildung war bei GIGA zweitrangig.

Ich hab mir die Frage auch schon gestellt und glaube, dass es mit dem "Nerd"-Trend zusammenhängt. Früher waren Nerds noch echte Nerds. Die GIGA Crew hat ihr ganzes (privates) Wissen eingebracht und ihre Leidenschaft ausgelebt. Heute will irgendwie jeder Nerd sein. Oberflächliche Recherche ist einfacher und so hält sich jeder für einen Spezialisten. Früher musstest du noch richtig hart autodidaktisch den ganzen Netz-Kram lernen. Das braucht viel Leidenschaft und Zeit.

Ich glaube, dass uns beides durch das Internet ein wenig abhanden gekommen ist. Heute muss alles schnell gehen, man muss immer sofort auf Trends reagieren und hat tausend Baustellen auf einmal.

Zitat von Steve

Selbst die Dichter, Denker und Menschen die deinen Kanal füllen, mussten ihr Handwerk erstmal lernen.

Danke für den Hinweis auf meinen Kanal. Der ist vermutlich - anders als von Dir gemeint - tatsächlich typisch für das von Dir angesprochene Phänomen.

Die "Dichter und Denker", ich nenne sie mal schlicht Autoren, sind alle (bis auf mich selbst) schon mindestens 70 Jahre tot (wegen Urheberrecht). Diese Zeit war nicht tatenlos. Die Autoren wurden gelesen oder ignoriert, bewertet. Einige Texte wurden immer wieder in Antologien gesammelt. So hat sich die Spreu vom Weizen getrennt. Natürlich profitiere ich von all dieser Arbeit. Denn ich muß ja nur noch aufsammeln, was die Zeit derart gesiebt hat.

Völlig falsch aber wäre es nun, die Sache so zu sehen, daß in der Vergangenheit doch so viel bessere Texte geschrieben wurden als heute und dabei auf die gesiebten Perlen gegenüber all dem ungesiebten Durcheinander von heute zu verweisen. Ich bin sicher, in dem heutigen Durcheinander befinden sich genausoviele Perlen wie in den Texten der Vergangenheit. Es ist nur wesentlich schwerer, sie zu erkennen, weil all das Sieben noch nicht geleistet wurde.

Ich nehme mal an, genauso geht es Dir, wenn Du an das Youtube der Vergangenheit denkst. All den Mist, der des Vergessens wert war, und den Du tatsächlich verdrängt hast (zu recht), fällt Dir nicht mehr ein. Übrig bleiben dann nur noch die Perlen.

Das Phänomen ist übrigens sattsam bekannt (und keineswegs auf meinem Mist gewachsen). Ich dachte bisher immer, sowas gäbe es bei eher älteren Leuten (so wie mir). Auf die Schnelle mag Dir dieser Artikel als Beleg dienen.

Zitat von Steve

Naja, weniger hats was mit der Roasrückblicksbrille zu tuen. Eher damit das die Kausalität des Seins sich hier auch geändert hat. Zum einen haben wir natürlich den Wandel der Masse, das mediale Angebot hat sich um ein vielfaches vermehrt ... wo es früher z.B. nur Gamestar und Giga gab, gibt es heut Millionen "Gaming" Channel ... zum anderen haben wir die Natur des Menschen, den Weg des leichtesten Wiederstands zu gehen.

Dies ist in der Masse, natürlich nochmal Krasser, wie damals. Aber wieso geht bzw. muss der Weg des menschlichen Seins, darauf hinnaus laufen den einfacheren Weg zu gehen. Wo bleibt die Evolution, dass Seltenheiten sich herrausstechen und zur Norm werden ... wieso ist seit Jahrhunderten Schluss mit der Evolution und eher ein Schwund zu erkennen ... oder ist der Weg wirklich von der Amöbe hin zur Dominanten Lebenform auf dem Planeten und zurück?

Sorry, ob es sich so verhält, wage ich zu bezweifeln. Das mag aber auch zum Teil daran liegen, daß ich das Gefühl habe, Zeit meines Lebens eher den Weg mit dem höchsten Widerstand zu gehen (was so sicherlich auch nicht stimmt).

Was Evolution angeht, so kenn ich das eher so, daß diese das Mittelmaß bevorzugt. Das würde Dir natürlich recht geben, wäre andererseits auch wieder nur natürlich.

Nachtrag: Die Sache mit dem Weg des geringsten Widerstands hat mich an eine alte Geschichte erinnert, auf die ich mal durch Erwin Panofsky (also nicht durch ihn persönlich, sondern durch eines seiner Bücher) hingewiesen wurde: Herakles am Scheideweg. Weil ich das alles schon mal formuliert habe, zitiere ich mich mal einfach selbst:

Zitat von Marcus Daniel Cremer

In seinen ›Erinnerungen an Sokrates‹ überliefert Xenophon eine Fabel des Sophisten Prodikos: Als Herakles in das Alter kam, sich zwischen den Wegen der Tugend und des Lasters zu entscheiden, zog er sich in die Einsamkeit zurück, wo ihm zwei Frauen erschienen. Die eine, üppig anzuschauen und herausgeputzt, eilt zu ihm hin und preist ihm die Annehmlichkeiten, deren er sich erfreuen dürfe, wähle er nur sie zur Freundin. Wie sie genannt werde? Ihren Freunden hieße sie Glückseligkeit, die anderen verunglimpften sie als Laster. Inzwischen war auch die andere Frau gemessenen Schrittes an ihn herangetreten, beeindruckend in der Strenge ihres Ausdrucks. Auch sie buhlt um seine Freundschaft, stellt ihm Glückseligkeit in Aussicht. Doch will sie ihn nicht täuschen. Von dem, was gut und schön sei, gebe es nichts ohne Anstrengung und ernsthaftes Bemühen. Die Götter habe er zu verehren, den Freunden Gutes zu tun, dem Staat nützlich zu sein und dem Land einen Dienst zu leisten, um anerkannt zu werden. Wohlstand erfordere, Land zu bebauen und sich um die Herden zu kümmern. Um im Krieg bestehen zu können, müsse er zu kämpfen lernen und sich üben. Den Körper habe er daran zu gewöhnen, der Vernunft zu dienen. Als die erste der Frauen daraufhin meint, mühsam sei dieser Weg und lang, der ihre hingegen kurz und leicht, weist die Tugend sie in ihre Schranken und zeigt Herakles, wie verachtenswert das Laster sei.

Das mit dem 'Weg des geringsten Widerstands' ist also schon ein verdammt alter Topos und vermutlich genauso lang schon als Problem wahrgenommen worden. Gibt vermutlich immer beides: die sich für den Weg des Lasters entscheiden und die anderen.